Defizitanalyse Sandey Auen
Auftraggeber: KWO AG, Bafu, Abteilung Naturförderung Kanton Bern
Partner: Eawag
Laufzeit: 2009 - 2010
Mit Hilfe der Verknüpfung von Luftbildauswertung, GIS Analysen und Prozessmodellierung
wurde die historische Entwicklung der heute durch Wasserentnahme und Längsverbauung
geprägten Sandey Auen der letzten 70 Jahre rekonstruiert und anhand der Variation
verschiedener abgeleiteter struktureller (Habitatvielfalt und -änderung, Uferlängen,
Gewässerverzweigungen etc.) und funktioneller Prozesse (Respiration) eine Defizitanalyse
für das gesamte Ökosystem durchgeführt.
Diese Studie zeigt, wie sich mit der Kombination aus einfacher Fernerkundung und
Feldaufnahmen eine ganze Reihe von Indikatoren ableiten lassen, die eine effiziente
Bewertung von ganzen Auensystemen, als Vorraussetzung für eine effektive
Massnahmenplanung und Umsetzung, zulassen.
Abb. 1: Der Vergleich von Luftbildern zeigt deutlich, wie sich der abgebildete Teilabschnitt der Sandey Aue
zwischen 1940 (links) und 2007 (rechts) verändert hat. Die roten Linien markieren die Lage von
Hochwasserschutzdämmen (Quelle: Swisstopo).
Historische Luftaufnahmen von 1940-2007 (9 Serien) zeigen, wie stark sich das
Auengebiet über die Zeit gewandelt hat. Die Häufigkeit bestimmter auentypischer
Habitate und die Komplexität der Gerinne (Uferlängen, Verzweigungen, benetzte Fläche)
nahmen über die Zeit erheblich ab, was für eine natürliche Flussaue dieser Art untypisch
ist. Ebenso lag der abgeleitete Habitatwechsel über die Jahre, eine wichtige Eigenschaft
von Auenlandschaften, deutlich unter der von natürlichen Auen.
Verglichen mit dem naturnahen Zustand, wie er bis 1940 vorherrschte, präsentiert sich
das Gebiet heute viel gleichförmiger und einzelne auentypische Habitate sind seltener
geworden. Insbesondere Habitattypen, die wesentlich von einer intakten
Überflutungdynamik abhängen wie Inseln oder bewachsenere Schotter, sind stark
zurückgegangen, wohingegen mehr terrestrische Habitattypen wie der Auenwald
zugenommen haben (Abb. 2).
Abb. 2: Die Fläche (%) der einzelnen Habitate abgeleitet aus historischen Luftbildern (links) ändert sich deutlich
zwischen 1940 und 2007 und hat Veränderungen im Kohlenstoffumsatz zur Folge (tC pro Jahr, berechnet aus den
entsprechenden Respirationsraten; rechts).
Entsprechende Unterschiede finden sich auch hinsichtlich der Respirationsraten.
Respiration, hier gemessen als CO2 Produktion pro m2 Bodenfläche, ist ein
Schlüsselprozess im Kohlenstoffkreislauf. Mit diesem Prozess lässt sich der Umsatz von
organischem Material bzw. des Kohlenstoffs, einer wichtigen Energiequelle in
aquatischen und terrestrischen Ökosystemen und auch die mikrobielle Aktivität
abschätzen. Respirationsraten reagieren sehr sensitiv auf Umweltveränderungen und
können somit gut als Indikator für die Erfassung von Eingriffen in Auensystemen
herangezogen werden.
Die Respirationsraten unterscheiden sich signifikant in den einzelnen Habitattypen.
Hohe Respirationsleistungen finden sich in Habitaten mit einem hohen Anteil an
organischem Material und relativ konstanten Umweltbedingungen (Inseln und Auenwald).
Dagegen treten niedrige Respirationsleistungen in Habitaten mit stark wechselnden
Umweltbedingungen (Schotter und Gerinne) und geringeren Anteilen an
organischem Material auf. Die Zunahme von Habitattypen mit entsprechend hohen
Respirationsraten bedingt auch gleichzeitig eine entsprechend hohe Zunahme des
Kohlenstoffumsatzes. Ingesamt konnte von 1940 bis 2007 eine Erhöhung des jährlichen
Umsatzes um etwa 17% berechnet werden, was für die gesamte Aue einer Erhöhung von
833 (1940) auf 1007 (2007) Tonnen Kohlenstoff pro Jahr entspricht.
Insgesamt weisen die Sandey Auen im Vergleich zu ihrem naturnahen Zustand um 1940
heute erhebliche Defizite in ihrer strukturellen Vielfalt und Funktion auf. Diese
Entwicklung lässt sich vermutlich auf die Wasserentnahme und insbesondere auf den
Einsatz von Längsverbauungen zum Hochwasserschutz zurückführen, welche die
natürliche Dynamik der Sandey Auen massgeblich einschränken.
Weiterführende Literatur:
Doering, M., Blaurock, M., Robinson, C.T. (2012): Landscape transformation of an Alpine
floodplain influenced by humans: Historical analysis of aerial images. Hydrological
Processes. 26, 3319-3326. [pdf]
Doering, M., Schweizer, S., Blaurock, M., Oppliger, S., Fuchs, M., Robinson, C.T. (2013):
Hydroökology und nachhaltiges Auenmanagement - Die Sandey Aue als Modellökosystem
für eine Konzeptstudie. Wasser, Energie, Luft. 105. Jahrgang, Heft 1. [pdf]
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